Wer hat nicht schon selbst schnell über sich oder andere daher gesagt: „Ich fühl mich depressiv, schiebe Panik“ oder „Der oder die ist hysterisch, hat eine Paranoia“?!
Im alltäglichen Sprachgebrauch werden Diagnosen häufig als Persönlichkeitszuschreibungen verwendet oder um ein Verhalten zu beschreiben, von welchem man annimmt, dass es Menschen mit entsprechender Diagnose zeigen.
Doch vorsichtig! Nicht hinter jedem Verhalten, das wir beobachten oder beschreiben steckt eine Diagnose im Sinne einer psychischen Störung, wie sie im ICD 10 klassifiziert wird (International Classification of Diseases – internationale Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme). Die Folge von solchen alltagspsychologischen Zuschreibungen sind oft Pauschalisierungen, Verallgemeinerungen und meistens sogar falsch!
Nun arbeiten Psychologen und Ärzte aber mit Diagnosen und müssen sehr sorgsam damit umgehen. Diagnosen sind auf der einen Seite eine wichtige Chance, gezielte Therapie und Beratung einzusetzen und im Bedarfsfall auch die geeignete Medikation zur Unterstützung zu verschreiben, um dadurch Verhalten zu verändern und Symptome zu verbessern. Auf der anderen Seite reduzieren Diagnosen schnell auf eben NUR die Diagnose, sie stecken Menschen in eine Schublade und es ist schwierig, dann darüber hinaus zu blicken. Da ist es schnell der Autist, der Depressive, der mit der Panikattacke oder der Hysterische und nicht mehr der MENSCH, der hinter der Diagnose steckt. Menschen mit Behinderung oder Menschen mit Autismusspektrum sind ebenso Menschen mit Talenten, Fähigkeiten, Ressourcen und Potential. Und genau da ist der Ansatzpunkt für Veränderung, Symptomverbesserung und ein Lernen mit der Diagnose zu leben bzw. damit umzugehen.
Es lässt sich darüber streiten, ob es immer notwendig ist, Diagnosen zu stellen. Vielleicht ist es in einigen Fällen sehr hilfreich, in anderen Fällen hemmt es eher das eigene Erleben und Handeln oder es wird als „Entschuldigung“ gesehen, sich nicht verändern zu müssen oder können.
Ich arbeite sowohl mit Diagnosestellung, als auch ohne. Der Vorteil einer ganzheitlichen Betrachtung des Problemfeldes UND der Ressourcen und Fähigkeiten ermöglicht es individuelle Lösungen und Wege zu finden, aus dem festgefahrenen Schubladendenken herauszukommen und neue Sichtweisen zu sehen. Denn nicht jeder Mensch ist gleich und nicht jeder Mensch mit Depression ist gleich. Die individuelle Betrachtung der Gesamtsituation des MENSCHEN ist zu sehen um optimale Lösungen zu entwickeln.
Ich wünsche eine närrische Woche, viel Spaß beim feiern und losgelöst vom Schubladendenken die Einstellung leben und leben lassen.
Corinna Fleckenstein